Achim. Wenn Busfahrer zu Lehrern werden und sich ihre Fahrzeuge in rollende Klassenzimmer verwandeln, dann könnte mit dem Stress im Schulbus künftig Schluss sein. Die beiden Busfahrer Heiko Meyer und Axel Knauer vermittelten Fünftklässlern das richtige Verhalten im Schulgefährt.
Mit ihrer Klassenlehrerin Katherina Weiland, selbst erst seit einigen Tagen am Cato-Bontjes-van-Beek-Gymnasium tätig, gingen die 32 Kinder der Klasse 5d an Bord. Zuerst ging es um die wichtigsten Regeln im Bus. Beispielsweise, dass man sich bei Gefahr nicht nur durch das Einschlagen der Scheiben mit den dafür vorgesehenen Nothämmern helfen kann, sondern dass es einen einfacheren Weg gibt. So lassen sich die hydraulischen Türen mit einem Hebel, der über der Tür angebracht ist, ganz leicht entriegeln und aufstoßen. „Das macht mir künftig aber niemand, sobald er seine Haltestelle erreicht hat“, mahnte Heiko Meyer. Er erzählte den Fünftklässlern von einem Fall, bei dem ein Schüler den anderen Fahrgästen regelmäßig Streiche auf der Fahrt zu seiner Schule gespielt hat. Das Resultat: Busverbot. Ein Jahr lang musste er von seinen Eltern zur Schule gefahren werden.
Weiter ging es mit den Schulranzen. Diese sollen die Kinder nicht auf den Gang stellen. Aber auch auf den Rücken geschnallte Taschen sind Tabu. „Die Verletzungsgefahr ist viel zu groß“, so Heiko Meyer. Dies bewies er den Schülern auf dem Achimer Schützenplatz. Dort fand der Höhepunkt des Vormittags – deutlich spannender als Mathe pauken – statt. Eine Testfahrt mit Gefahrbremsung. Der Busfahrer legte dazu einen großen blauen Plastikbehälter auf den Sitz ganz am Ende des langen Ganges. Sein Kollege Axel Knauer beschleunigte den Bus auf 15 Stundenkilometer und trat voll auf die Bremse. Eigentlich hätte der Behälter nun von seinem Platz auf den Gang fliegen sollen. Doch die Bremswirkung war zu gering. „Das liegt am Schotter, auf Beton hat der Bus einen viel kürzeren Bremsweg“, erläutert Axel Knauer. Deshalb wiederholte er den Versuch mit fast 40 Stundenkilometern. Diesmal schoss der Gegenstand im hohen Bogen auf den Mittelgang und rutschte bis fast ganz vorne. Sehr zur Begeisterung der Kinder.
Weiter ging es vor dem Bus mit einem Experiment. „Ich spiele die Vorderachse eines Busses, ihr spielt die Hinterachse“, erklärte Axel Knauer die Regeln. Nacheinander sollten ihm einige Kinder folgen und die geglaubte Position der Hinterachse in einer Kurve zeigen.
Auch Lehrerin Katherina Weiland nahm an dem Experiment teil. Doch auch sie wusste nicht, wie sehr die Hinterachse in den Kurvenkreis hineindrückt. „Egal ob Bus, Lastwagen oder Treckergespann, die Hinterachse läuft immer nach. Wenn ihr an einer Kreuzung steht, dann tretet immer lieber einen Schritt zurück“, riet Heiko Meyer.
„Künftig passe ich besser auf“, sagte Jannes. Der Zehnjährige muss jeden Morgen von Thedinghausen nach Achim fahren. Sophie nimmt den Bus aus Uphusen. An ihrer ehemaligen Grundschule gab es das Projekt Schulexpress. „War gut, mal eine Vollbremsung zu erleben“, zeigte sie sich über das Experiment mit dem blauen Kanister beeindruckt.
Im gesamten Landkreis Verden finden regelmäßig solche Bus-Schulungen für Schüler statt. „Zwar fahren nicht alle Kinder tatsächlich mit dem Bus zur Schule, nutzen diesen jedoch auch häufig in ihrer Freizeit“, so Heiko Meyer.
Die Kosten der Schulung im rollenden Klassenzimmer werden gedrittelt. Neben dem Verkehrsverbund Bremen Niedersachsen (VBN) und dem Cato-Bontjes-van-Beek-Gymnasium tritt die Verden-Walsroder-Eisenbahn als Sponsor auf.